Trennungsangst ist ein weit verbreitetes Phänomen, das Menschen jeden Alters und in verschiedenen Lebenssituationen betrifft. Dabei handelt es sich um die Angst oder das Unbehagen, das entsteht, wenn man von einer wichtigen Bezugsperson oder einem vertrauten Umfeld getrennt ist. Aus der Perspektive der Psychologie kann Trennungsangst tiefgreifende Wurzeln haben, die oft in Kindheitserfahrungen oder in traumatischen Erlebnissen liegen.
Trennungsangst – ganzheitlich betrachtet
Trennungsangst kann sowohl emotionale, körperliche als auch kognitive Aspekte umfassen. Aus einer ganzheitlichen Sichtweise betrachtet, ist es wichtig, alle diese Dimensionen in den Heilungsprozess einzubeziehen. Es geht darum, nicht nur die Symptome zu lindern, sondern auch die zugrunde liegenden Ursachen zu erkennen und an ihnen zu arbeiten.
- Emotionale Aspekte: Trennungsangst kann zu intensiven Gefühlen von Traurigkeit, Verzweiflung und Einsamkeit führen. Oft sind diese Emotionen mit tiefer liegenden Ängsten vor Ablehnung oder Verlust verbunden.
- Körperliche Reaktionen: Die Angst kann auch körperliche Symptome wie Herzrasen, Schwitzen, Zittern oder Bauchschmerzen hervorrufen. Diese Reaktionen sind Teil der natürlichen Stressreaktion des Körpers.
- Kognitive Muster: Menschen mit Trennungsangst neigen dazu, negative Gedankenmuster zu entwickeln, wie etwa die Überzeugung, dass sie allein nicht zurechtkommen oder dass sie immer verlassen werden.
Auswirkungen von Trennungsangst auf Beziehungen
Trennungsangst kann erhebliche Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen haben. Menschen mit Trennungsangst neigen dazu, an ihren Partnern, Familienmitgliedern oder Freunden festzuhalten und übermäßige Abhängigkeit zu entwickeln. Dies kann zu Spannungen und Konflikten führen, da der Partner oder die Bezugsperson sich möglicherweise erdrückt oder eingeschränkt fühlt.
Einige häufige Auswirkungen von Trennungsangst auf Beziehungen sind:
- Übermäßige Eifersucht und Kontrollverhalten: Menschen mit Trennungsangst können extreme Eifersucht und Kontrollverhalten zeigen, aus Angst, verlassen zu werden.
- Konflikte und Streitigkeiten: Die Angst vor Trennung kann zu häufigen Streitigkeiten und Konflikten führen, da der Betroffene ständig nach Bestätigung und Sicherheit sucht.
- Eingeschränkte Unabhängigkeit: Die betroffene Person kann Schwierigkeiten haben, unabhängig zu agieren und eigene Interessen zu verfolgen, was zu einer unausgewogenen und ungesunden Beziehung führen kann.
Ein Beispiel aus der Praxis:
Eine Klientin erlebt es immer wieder, dass sie in Beziehungen bleibt, die ihr nicht guttun oder eher dafür sorgt, dass sie verlassen wird, anstatt die Trennung selber durchzuführen. Zudem kam es immer wieder mal vor, dass sie rein vom Verstand her eigentlich froh über die Trennung war, aber emotional war sie total am Ende. Sie war appetitlos, Niedergeschlagen, hatte das Gefühl nie wieder glücklich werden zu können. Ihr Herz hämmerte ständig in ihrer Brust und sie empfand einen tiefen Trennungsschmerz in ihrem Herzen. Diese Diskrepanz zwischen Verstand und ihrem Gefühl konnte sie sich einfach nicht erklären.
Wir betrachteten ihre Vergangenheit und fanden heraus, dass sie als kleines Kind eine ihrer engsten und wichtigsten Bezugspersonen durch dessen Tod verloren hatte. Diese Person war von einem Tag auf den anderen nicht mehr da. Als Kleinkind konnte sie dies nicht richtig begreifen und verarbeiten. Daher manifestierte sich dieses Ereignis mit dem damit verbundenen Schmerz in ihrem Körper. Und um diesen tiefen Schmerz, der mit Verlustangst ebenfalls einherging, möglichst nicht hochkommen zu lassen, blieb sie so lange wie möglich in Beziehungen, auch wenn diese schon längst nicht mehr gesund waren.
Wir arbeiteten mit ihrem inneren Kind, machten Visualisierungsübungen und lösten so emotional die Verbindung mit der tiefen Trauer und dem damit verbundenen Schmerz bzgl. des Todes ihrer engen Bezugsperson von der Trennung mit ihrem Exfreund.
Weitere Möglichkeiten, an der Trennungsangst zu arbeiten
- Achtsamkeits- und Entspannungstechniken: Regelmäßige Praxis von Achtsamkeit, Meditation oder Yoga kann dabei helfen, die Stressreaktionen des Körpers zu reduzieren und einen ruhigen Geist zu fördern.
- Positive soziale Beziehungen pflegen: Das Aufbauen und Pflegen von positiven, unterstützenden sozialen Beziehungen kann dabei helfen, ein Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens zu entwickeln.
- Schrittweise Exposition: Indem man sich schrittweise und kontrolliert den angstauslösenden Situationen aussetzt, kann man lernen, mit der Angst umzugehen und sie zu überwinden.
Praktische Techniken und Strategien zur Überwindung von Trennungsangst
- Geführte Imagination: Diese Technik hilft dabei, mentale Bilder zu nutzen, um sich in entspannte und sichere Szenarien zu versetzen. Dies kann die Intensität der Trennungsangst verringern.
- Beispiel: Sich einen sicheren Ort vorstellen, an dem man sich wohlfühlt, und regelmäßig diese Visualisierung üben, um ein Gefühl der Geborgenheit zu erzeugen.
- Progressive Muskelentspannung (PMR): Eine Technik, bei der verschiedene Muskelgruppen systematisch angespannt und entspannt werden, um körperliche Spannungen zu lösen und Stress abzubauen.
- Beispiel: Regelmäßige PMR-Übungen können helfen, die körperlichen Symptome der Trennungsangst zu reduzieren.
- Atemübungen: Kontrollierte Atemtechniken können dazu beitragen, die körperliche Erregung zu vermindern und ein Gefühl der Ruhe zu fördern.
- Beispiel: Die 4-7-8 Atemtechnik, bei der man 4 Sekunden einatmet, den Atem 7 Sekunden hält und dann 8 Sekunden ausatmet.
- Tagebuch schreiben: Das Führen eines Tagebuchs kann helfen, die eigenen Gefühle und Gedanken zu reflektieren und besser zu verstehen.
- Beispiel: Tägliches Schreiben über die eigenen Ängste und die Situationen, in denen sie auftreten, kann dabei helfen, Muster zu erkennen und Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
- Kreative Ausdrucksformen: Kunst, Musik oder Schreiben können als Ventil für Emotionen dienen und helfen, Ängste auf eine gesunde Weise zu verarbeiten.
- Beispiel: Das Malen eines Bildes, das die eigenen Gefühle ausdrückt, oder das Schreiben eines Briefes an sich selbst zur Beruhigung.
- Soziale Unterstützung: Das Sprechen mit vertrauenswürdigen Freunden oder Familienmitgliedern über die eigenen Ängste kann entlastend wirken und neue Perspektiven bieten.
- Beispiel: Regelmäßige Gespräche mit einer vertrauten Person, die Verständnis und Unterstützung bietet.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, kann ermutigend sein und das Gefühl der Isolation verringern.
- Beispiel: Der Besuch einer lokalen Selbsthilfegruppe oder die Teilnahme an Online-Foren.
- Routinen und Struktur: Ein geregelter Tagesablauf kann ein Gefühl der Sicherheit und Stabilität bieten und helfen, die Angst zu kontrollieren.
- Beispiel: Das Einhalten einer festen Morgen- und Abendroutine.
- Psychoedukation: Das Wissen über Trennungsangst und deren Ursachen kann helfen, die eigenen Reaktionen besser zu verstehen und zu kontrollieren.
- Beispiel: Das Lesen von Büchern oder Artikeln über Trennungsangst und deren Bewältigung.
- Aktive Problemlösung: Das Entwickeln konkreter Pläne und Lösungen für die Situationen, die Angst auslösen, kann helfen, sich sicherer zu fühlen.
- Beispiel: Ein Notfallplan für Zeiten der Trennung, der Aktivitäten und Ablenkungen umfasst.
Jede dieser Techniken und Strategien kann individuell oder in Kombination mit anderen angewendet werden, um die Trennungsangst zu bewältigen. Es ist wichtig, geduldig mit sich selbst zu sein und herauszufinden, welche Ansätze am besten funktionieren. Jeder Schritt in Richtung Heilung ist ein Zeichen von Stärke und Mut, und es lohnt sich, diesen Weg zu gehen.
Falls du noch weitere Fragen hast oder Unterstützung benötigst, stehe ich dir jederzeit zur Verfügung. Du bist nicht allein auf dieser Reise.